Es ist eigentlich keine Überraschung, jedoch eine ziemliche Dreistigkeit: Kaum regieren SPD und CDU in Niedersachsen gemeinsam, wollen sie die Rechte kleinerer Parteien zusammenstreichen. Wir wollen das natürlich nicht und haben darum Anträge eingereicht an den Rat der Stadt Wildeshausen sowie den Kreistag.
Pressemitteilung der LINKEN –
CDU und SPD sollen Demokratieabbau unterlassen
DIE LINKE will erreichen, dass der Kreistag des Landkreises Oldenburg und der Rat der Stadt Wildeshausen sich für die Beibehaltung der jetzigen Mindestfraktionsgröße in Kommunalvertretungen aussprechen. Die Landesregierung aus SPD und CDU hat im Koalitionsvertrag vereinbart, dass für de Bildung einer Fraktion in Gemeinderäten, Stadträten und Kreistagen drei gewählte Ratsmitglieder erforderlich sein sollen statt wie bisher zwei.
Der LINKE Kreistagsabgeordnete Peter Gruschke hält davon gar nichts: „Fraktionslose Ratsmitglieder haben sehr viel weniger Rechte. Was die SPD und die CDU da vorhaben, schränkt Mitwirkungsmöglichkeiten kleinerer Parteien und Wählervereinigungen massiv ein. Damit werden die Wählerstimmen für diese Parteien und Wählervereinigungen zu Stimmen zweiter Klasse. Diesen Demokratieabbau sollten SPD und CDU unterlassen.“
In der Tat haben fraktionslose Mitglieder nur in einem einzigen Fachausschuss Rederecht, so dass sie meist erst in der abschließenden Beratung im Rat oder Kreistag mitberaten können und auch nur dort mitabstimmen können. Sie können erst nach einer Rats- bzw. Kreistagsentscheidung Akteneinsicht nehmen und erhalten auch keine Finanzmittel für ihre Sacharbeit.
Die LINKE Fraktionsvorsitzende im Kreistag und Wildeshauser Ratsfrau Kreszentia Flauger meint: „Die fadenscheinige Begründung der Regierungsparteien lautet, eine zunehmende Zersplitterung der Kommunalvertretungen schränke die Arbeitsfähigkeit der Lokalpolitik ein. Das heißt im Klartext, dass die Rechte kleinerer Parteien eingeschränkt werden sollen, damit die größeren es leichter haben. Bequemlichkeit für größere Parteien ist aber ein schlechter Maßstab für die Qualität von Demokratie. Die Wähler kleinerer Parteien können erwarten, dass auch SPD und CDU bereit sind, Vielfalt zu akzeptieren. Es ist wohl nicht zu viel verlangt, dass sie sich im gesamten Beratungsverlauf mit den Argumenten anderer gewählter Vertreter auseinandersetzen und nicht erst in der Schlussberatung.“
Unser Antrag an den Kreistag
des Landkreises Oldenburg
Der Kreistag möge beschließen: Der Kreistag des Landkreises Oldenburg fordert die Niedersächsische Landesregierung und die sie tragenden Landtagsfraktionen der SPD und der CDU auf, die aktuellen Regelungen zur Mindestgröße von Fraktionen in kommunalen Vertretungen nicht zu verändern.
Der Kreistag spricht sich gegenüber dem Niedersächsischen Landkreistag dafür aus, die bisherige Regelung zur Fraktionsgröße unverändert zu lassen.
Begründung
Der Koalitionsvertrag zwischen SPD und CDU für die 18. Wahlperiode des Niedersächsischen Landtags (2017 – 2022) sieht vor, die Mindestgröße von Fraktionen in den kommunalen Vertretungen auf drei zu erhöhen (bisher zwei). Zwar wurde zwischenzeitlich angekündigt, dass dies erst ab einer Einwohnerzahl von 50.000 gelten soll, aber im Grundsatz hält die Landesregierung bisher an ihrem Vorhaben fest.
Würde diese Gesetzesänderung umgesetzt, heiße das, dass es in Niedersachsen sehr viel mehr fraktionslose Abgeordnete bzw. Ratsmitglieder geben würde.
Ratsmitglieder ohne Fraktionsstatus haben aber sehr viel weniger Mitwirkungsrechte als Fraktionsmitglieder. Sie haben lediglich in einem Fachausschuss Mitberatungsrecht und können sich ansonsten mit ihren Argumenten erst in der abschließenden Beratung im Rat bzw. Kreistag einbringen. Stimmrecht haben sie nur in den Rats- bzw. Kreistagssitzungen. Und sie können ein Recht auf Akteneinsicht so gut wie nicht wahrnehmen, weil dazu zunächst ein Beschluss der jeweiligen Vertretung (Rat, Kreistag) erforderlich ist.
Begründet wird die geplante Gesetzesänderung damit, dass die zunehmende Zersplitterung der Kommunalvertretungen die Arbeitsfähigkeit der Lokalpolitik einschränke.
Dieser Logik kann nicht gefolgt werden. Das Ziel der Gestaltung demokratischer Prozesse muss sein, dass der Wille der Wählerinnen und Wähler möglichst gut abgebildet wird und die Mitwirkungsrechte der Gewählten proportional zu den errungenen Stimmen wahrgenommen werden können. Die Erhöhung der Fraktionsschwelle würde die Anzahl derjenigen Wählerinnen und Wähler, deren Interessen mangels Fraktionsstatus nur sehr eingeschränkt vertreten werden können, ganz erheblich ausweiten. Es wäre kaum verwunderlich, wenn dies zu noch mehr Politikverdrossenheit führen würde. Die Bereitschaft, sich ehrenamtlich in einer kommunalen Vertretung zu engagieren und zu Kommunalwahlen zu kandidieren, könnte ebenfalls erheblich leiden. Diese Auswirkungen dürfen nicht riskiert werden, nur weil bei größeren Parteien der Wunsch besteht, in kommunalen Vertretungen leichter und ungestörter entscheiden zu können.
Man muss auch von größeren Parteien und Fraktionen erwarten können, dass sie sich argumentativ mit den Argumenten kleinerer Parteien und Wählervereinigungen auseinandersetzen und dass sie deren weitgehende Mitberatungsrechte in den Ausschüssen akzeptieren.
Es wäre zudem kaum zu erwarten, dass eine neue Regelung mit höherer Fraktionsschwelle von Dauer wäre. Sobald an einer kommenden Landesregierung wieder eine Partei beteiligt ist, die oft nur mit zwei Personen in eine Vertretung gewählt wird, kann sehr wohl wieder zur Debatte stehen, die Änderung zurückzunehmen.
Zusammengefasst bleibt festzuhalten, dass eine Erhöhung der für eine Fraktionsbildung nötigen Anzahl von Vertretungsmitgliedern abzulehnen ist und alle Einflussmöglichkeiten genutzt werden sollten, diese Änderung zu verhindern.
Wildeshausen, 02.03.2018
Kreszentia Flauger (Fraktionsvorsitzende)